Von einem Leser aus Nonnweiler
Das Jahr neigt sich dem Ende und eigentlich wäre es an der Zeit, einen Rückblick zu halten. Doch demjenigen, der nicht erst seit vorgestern auf zwei Beinen herumläuft, brauchen wir nicht extra zu erzählen, dass von den Sonntagsreden der Politiker, was die Reduzierung des militärischen Fluglärmes angeht, nichts übriggeblieben ist. Und dass das Militär es nach wie vor nicht einmal für nötig befindet, schriftliche Anfragen, ob es denn zu einem Dialog mit dem gemeinen Volk bereit wäre, wenigstens mit einem Eingangsstempel zu versehen, wird auch niemanden mehr überraschen. Wer Deutschland dient, hat für solch ungeistigen Firlefanz nun wirklich keine Zeit. Und schon gar nicht, wenn er Kommodore in Büchel ist. Egal ob ehemalig oder jetzig.
Um uns zu zeigen, welche Strategie verfolgt wird, erleben wir im Augenblick ein Meisterstück der hohen Diplomatie. Das BMVg hat angeblich bereits im Jahre 2013 die AG Fluglärm Saarland/RLP darüber informiert, dass eine Neugestaltung des Übungsluftraumes geplant ist. Diese Information ist lt. Aussage des saarländischen Innenministers nicht bis zu ihm vorgedrungen. Damit trägt niemand die Schuld dafür, dass die Betroffenen, nämlich die, die werktäglich unter der Verlärmung zu leiden haben, vor für sie vollendete Tatsachen gestellt werden. Wer in diesem Fall die Wahrheit sagt, wird kaum herauszubekommen sein. Wunderbar.
Es ist ein internationaler Vertrag geschlossen worden, an dem nun nichts mehr geändert werden kann, schließlich hat während der Einspruchszeit – wenn es die denn je gegeben hat – niemand etwas dagegen gehabt.
Als Krönung dieses Meisterstückes, wie man das Volk am Nasenring herumführt, bestreitet das BMVg „signifikante Auswirkungen auf die militärischen Nutzungsraten in der Region“. Aha. Das klingt zunächst beruhigend. Nun kann man sich allerdings trefflich darüber streiten, was darunter zu verstehen ist. Ab wann sind Auswirkungen signifikant, also auf Deutsch „in deutlicher Weise als erheblich erkennbar“ oder auch „zu groß, um noch als zufällig gelten zu können“, wie der Duden den Begriff erklärt? Ab 20%? Ab 30%? Ab 50% oder gar mehr? Wer legt das fest? Saarländische Bundestagsabgeordnete wie z. B. Frau Nadine Schön, die durch den Lärm die Lebensqualität nicht signifikant beeinträchtigt sieht?
Das Militär? Das ist ja immer noch mit der detaillierten Prüfung beschäftigt, ob Maßnahmen möglich sind, die Belastung zu reduzieren und ob Optionen denkbar sind, den Lärm gleichmäßiger zu verteilen. Derlei Prüfungen haben bisher immer dazu geführt, dass die Antwort lautete: „Nein, es ist nicht möglich.“ Punkt. Es wird, um die Verdummung des Volkes auf die Spitze zu treiben, aber dafür ein Grund immer wieder gerne genannt: „Die allgemeine Sicherheitslage“. Und daran anschließend: „Die der Sicherheitslage geschuldeten, notwendig-komplexen Flugmanöver können nur in einem großen Übungsluftraum stattfinden.“
Wie gut, dass man in weiser Voraussicht, wie sich die Sicherheitslage entwickeln wird, einen solchen schon 2013 geplant und nun endlich fertig gestellt hat. Dass es über der Nordsee so etwas schon längst gibt, ist in diesem speziellen Falle irrelevant. Über der Nordsee könnten internationale NATO-Partner zwar auch üben, so, wie sie das mit Vorliebe ja schon immer hier über dem Saarland in signifikanter Weise gemacht haben, auch, als der Übungsluftraum noch nicht international war, aber das ist ja etwas völlig anderes.
Dass der neue, tolle, schön große Luftraum aufgrund seiner Internationalität dann schon mal – selbstverständlich unterhalb der vom Militär als signifikant eingeschätzten Mehrbelastung - öfter benutzt werden muss, als noch 2013 vorhersehbar war, liegt in der Natur der Sache. Denn wozu sollte er sonst vergrößert worden sein? Aber dafür kann ja nun wirklich niemand etwas. Außer die allgemeine Sicherheitslage. Oder der Russe, der vor der Tür steht. Oder die Anschläge von Paris, deretwegen Frankreich seinen Teil der Polygone nun geschlossen hat, um sich bei Kampfjetlärmverbreitung endlich über internationalem Gebiet zu bewegen. Oder die Karibuherden in Kanada, die geschützt werden müssen.
Quintessenz: Wir werden verarscht. Mal wieder und mit unwidersprochener Leichtigkeit. Eine Frage bleibt zum Schluss: Wann werden wir es endlich merken und Konsequenzen ziehen? Wenn die signifikant höhere Krebsrate im Saarland oder der Herzinfarkt uns erreicht haben? Dann dürfte es wohl zu spät sein.
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