Von unserem Vorstandsmitglied Doris Emrich
Am Sonntag, 22. Mai 2011, einem sonnigen Frühsommertag, unternahmen wir einen Ausflug an die Südliche Weinstraße. So landeten wir in dem Kurstädtchen Bad Bergzabern. Vor Ort kam uns das Schlosshotel in den Sinn, um dort im gepflegten, höfischen Ambiente auf der Terrasse Kaffee und Kuchen zu genießen. Zielstrebig gelangten wir zum Schlosshotel, wo die Terrasse mit zwei besetzten Tischen fast überbevölkert war. Wir nahmen Platz und freuten uns auf unseren Kaffee. Gleich kam eine Kellnerin und fragte uns nach unseren Wünschen. „Kaffee und Kuchen hätten wir gerne. Welchen Kuchen haben Sie anzubieten“. „Wir haben keinen Kuchen mehr da“, erwiderte die Bedienung. Wohlgemerkt es war 15.20 Uhr – in Mitteleuropa die gängige Kaffeestunde. In einem barschen Ton fuhr sie fort: „Wir haben keinen Kuchen mehr, was soll ich ihnen noch sagen?“
Welch ein Armutszeugnis für König Kurts Schlosshotel: Am Sonntag, 22. Mai 2011 um 15.20 Uhr, einer Zeit, in der sicherlich viele Gäste Kaffee und Kuchen wünschen, wurden wir eines besseren belehrt. Wieso sollte ein vermeintliches Renommierhotel von Beck und Bruchs Gnaden eine solche Serviceleistung anbieten? Genügt es doch, dass für den Herrn Gutland mit Steuergeldern die Renovierung und Einrichtung bezahlt wurden und seine Betreibergesellschaft einen günstigen Pachtvertrag mit der Option auf Kauf des Objektes zum Spottpreis abschließen konnte. Bei derart miserablen Dienstleistungen, die jedes Cafe, ja sogar jede Pfälzerwald Hütte besser zu erbringen im Stande ist, kann die voraussichtliche Existenz des Schlosshotels schon prognostiziert werden, aber keine Angst und Bange der Steuerzahler wird's schon richten.
Fazit: Teure Sanierung eines Hotels in Kurt Becks Geburtsstadt: Nach dem Nürburgring-Skandal gerät der rheinland-pfälzische Ministerpräsident in eine neue Finanzaffäre. Das Ganze hat ein „Geschmäckle“ für Filz und Vetternwirtschaft, man erkennt Parallelen zu dem Debakel am Nürburgring. Aber vielleicht ist das doch eine Aufwertung für die ganze Stadt Bad Bergzabern und vielleicht sogar eine Rückkehr zu altem Glanz, wenn das Nebengebäude des barocken Schlosses endlich saniert wurde. Zehn Jahre lang war das leerstehende alte Ritterhaus ein Schandfleck, nun beherbergt es ein "Vier-Sterne-Plus-Hotel" mit 21 Zimmern und einem Gourmet-Restaurant.
Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) persönlich hat dafür gesorgt, dass die Sanierung großzügig von der öffentlichen Hand gefördert wurde, denn schließlich ist Bad Bergzabern Becks Geburtsort und liegt in seinem Wahlkreis. Das Land trägt 90 Prozent der förderfähigen Kosten und die sind von 3,7 auf 8,4 Millionen Euro gestiegen. Wie beim Bau des Freizeitzentrums am Nürburgring sollte eigentlich ein Privatinvestor einen Teil der Kosten tragen. Wegen der Kostensteigerung und weil dem Innenministerium einfiel, dass Privatinvestitionen nicht so stark gefördert werden können, stieg der Investor Christian Gutland im Herbst 2009 aus. Dem Schlosshotel bleibt Gutland gleichwohl verbunden; für eine durchschnittliche jährliche Pacht von 117.000 Euro steht es ihm renoviert und eingerichtet zur Verfügung. Eine Ausschreibung gab es nicht. Auch an der Sanierung soll Gutland gut verdient haben: Es ist bekannt, dass von ihm erst kurz zuvor gegründete Firmen die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung und die Baubetreuung – ebenfalls ohne Ausschreibung – übernommen haben. Ein weiteres Detail aus Gutlands Vertrag: In zehn Jahren kann er das Haus für 1,4 Millionen Euro kaufen. Wen wunderts, dass Gutland auch noch SPD-Mitglied ist?
Der zuständige Innenminister Karl-Peter Bruch (SPD) hat inzwischen Fehler eingeräumt und zugegeben, dass Dinge „gegen die Vorschrift gelaufen“ seien. Sein Ministerium hatte die Förderung ohne die erforderliche baufachliche Prüfung abgesegnet. Die Kaufoption bezeichnete Bruch als politisch falsch. Dass Gutland SPD-Mitglied ist, habe er allerdings erst aus der Zeitung erfahren. Herr Beck hat seine Macht als Ministerpräsident benutzt, um seinem Wahlkreis und Heimatort eine Wohltat zukommen zu lassen. „Beck hat gesagt, er will dieses Projekt, und dann wird das auch gemacht.“ Zum Beleg dafür, dass Beck persönlich mit der Sache zu tun hatte, ist aus der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ersichtlich. Darin heißt es, mit der Förderung könne fest gerechnet werden, schließlich handele es sich um die Heimatstadt des Ministerpräsidenten und somit bestehe ein „erhöhtes Interesse“ daran, diese Region zu unterstützen. Honni soit qui mal y pense!
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