Mail an den rheinland-pfälzischen Innenminister
Von einem Leser aus Trier-Filsch
Sehr geehrter Herr Lewentz,
hiermit möchte ich mich über die Lärmbelästigung durch
militärische Übungsflüge in der TRA-Lauter beschweren. Wir
wohnen in Trier-Filsch und bekommen jeden Werktag über mehrere
Stunden von früh morgens bis spät abends die Verlärmung durch
amerikanische und deutsche, aber auch niederländische,
italienische und belgische Kampfjets hautnah mit. Es ist für mich
absolut in keinster Weise nachvollziehbar, wie eine
Lärmbelästigung in dieser Form und Masse einer Bevölkerung von
2-3 Mio. Menschen täglich zugemutet werden kann. Nicht selten
haben wir es mit Dezibel-Zahlen von bis zu 90-100 dB zu tun, so dass
man im Freien sein eigenes Wort kaum versteht und Gespräche
unterbrechen muss. Auch unser zweijähriger Sohn ist gezwungen,
mit dieser unfassbar penetranten und unangenehmen
Kriegsgeräuschkulisse aufzuwachsen. Für ihn tut es mir
besonders leid. Und auch für meine Tochter, die zwar erst in 3
Monaten zur Welt kommt, aber die nichts anderes kennenlernen wird
als konstantes Donnergrollen – sozusagen den Soundtrack zu einem
Leben unter einem Truppenübungsplatz. Und dies ist nicht bildlich
zu verstehen, sondern buchstäblich: Wir leben unter einem
Truppenübungsplatz.
Ich bin Realist und mir ist klar, dass es die amerikanischen Stützpunkte gibt, Bündnisverpflichtungen, wachsende globale Bedrohungen etc., aber dies alles rechtfertigt in keinster Weise, dass einfach jeden Tag stundenlang teilweise mit mehr als 10 Maschinen gleichzeitig (plus häufige Betankungsflugzeuge) über unseren Köpfen Krieg gespielt wird, während andere Übungslufträume brach liegen. Ich kann beim besten Willen absolut nicht erkennen, wo hier auf die Bevölkerung auch nur im geringsten Maße Rücksicht genommen wird. So kann ich z.B. Folgendes nicht verstehen:
Wieso darf das Militär unbehelligt all dies machen, ohne dass es auch nur ein Widerwort aus der Politik gibt? Wie kann das sein? Wer denkt sich das aus? Wer ist verantwortlich?
Ich habe bereits mit dem Oberbürgermeister der Stadt Trier, sowie den Ortsvorstehern von Trier-Tarforst und Trier-Filsch gesprochen. Alle sind einhellig der Meinung, dass der Fluglärm reduziert werden muss, und alle werden sich auch ans Luftfahrtsamt der Bundeswehr und auch im Anschluss an den Verteidigungsausschuss des Bundes wenden. Es kann so nicht weitergehen. Es reicht!
Eine Entspannung der Situation wäre z.B. durch folgende naheligende Maßnahmen möglich: eine Begrenzung der erlaubten Flugstundenzahl (pro Tag, Woche, Monat, etc.), eine offizielle Morgen-, Mittags- und Abendruhe, und eine bessere Verteilung der Trainingsflüge auch auf andere Gebiete in Deutschland (z.B. TRA Allgäu, TRA Sachsen, Nordsee, etc.). Es gibt beispielsweise Tage, an denen die TRA Sachsen gar nicht beplant ist, aber in der TRA Lauter Kampfjets der deutschen Luftwaffe aus ganz Deutschland (d.h. RLP, NRW, Schleswig-Holstein, Bayern) bis spät in die Abendstunden fliegen – und das nachdem die Amerikaner schon seit Morgen stundenlang geflogen sind. Wieso werden hier keine anderen TRAs beplant, um die Belastung auszugleichen?
Ich habe gesehen, dass Sie sich zuletzt bei der Deutschen Flugsicherung gegen eine Änderung der Flugpläne des Flughafens Frankfurt eingesetzt haben, da hierdurch mehr Fluglärm über Rheinhessen entsteht. Ihnen scheint also durchaus bewusst zu sein, dass Fluglärm unangenehm ist. Unter der TRA-Lauter hatten wir dieses Jahr bereits mehr als 850 Nutzungsstunden. Ein absoluter Allzeitrekord. Das sind im Vergleich zu den Gesamtstunden im Jahr 2018 bereits 300 Stunden mehr als die zweitmeistgenutzte TRA in Deutschland. Warum ist Rheinhessen offensichtlich mehr wert als die Regionen unter der TRA-Lauter?
Übrigens kann man die Größe „Nutzungsstunden“ mit summierten Flugstunden auch anders darstellen: Bereits um 16:30 Uhr waren am 9.12.2019 viereinhalb Stunden lang Kampfjets in der Luft (Nutzungsstunden). Zusammen sind in dieser Zeit 52 Flugstunden angefallen. Teilt man die 52 Flugstunden durch die viereinhalb Nutzungsstunden, dann heißt das: Wir hatten *viereinhalb Stunden* lang Kampfjetlärm von *durchschnittlich elfeinhalb Kampfjets gleichzeitig* über unseren Köpfen. Kein Wunder, dass das Dröhnen nicht aufzuhören scheint. Ist einer weg, dann ist der nächste über einem. Das gibt es in keinem anderen Übungsluftraum in Deutschland.
Ich könnte auch noch anführen, welche Umweltverschmutzung durch die Flugzeuge entsteht. Hier alleine die Statistik für einen einzelnen Tag (3.12.2019): 6 Stunden und 10 Minuten Kampfjetflüge zwischen 09:21 und 20:26 Uhr, ca. 345.200 Liter Treibstoff, ca. 952.752 kg CO2, ca. 2.762 kg NOx – entspricht 5.753.333 gefahrenen Autokilometern. In Zeiten von FridaysForFuture und eines neuen Klimabewusstseins ist dies ebenso nicht hinnehmbar.
Ich appeliere an Ihre Vernunft, Ihren Anstand und an Ihre Verantwortung als Innenminister: Beenden Sie diesen Wahnsinn! Ich möchte nicht, dass meine Kinder so aufwachsen müssen! Über eine Rückmeldung per Mail würde ich mich sehr freuen.
Zum Archiv mit allen Artikeln