[15.05.2010]
Zu Guttenberg in Wonderland
Brief von MdB Alexander Ulrich an
Verteidigungsminister zu Guttenberg vom 18.03.2010
In welcher Märchenwelt ein Verteidigungsminister lebt und
mutmaßlich der Einfachheit halber auch leben will, zeigt seine Antwort
auf einen Brief des MdB Alexander Ulrich, in der er die
menschenverachtenden Lärmbelastungen durch die US-Airbase
Ramstein schildert. Wer das Buch „Dilbert und die Stunde des
Wiesels“ kennt, wird ein intensives Aha-Erlebnis haben. Zu
Guttenberg wieselt sich um die schweren und zutreffenden
Anschuldigungen und die damit verbundene
Verantwortung herum in der Hoffnung, diesen Skandal
aussitzen zu können wie seine Vorgänger. Da Alexander Ulrich die
Einschlafstörungen und Angstzustände von
Kindern nicht in Frageform erwähnt hat, lässt zu Guttenberg
diesen Aspekt des Skandals einfach unter den Tisch fallen.
Antwort des Verteidigungsministers
vom 26.04.2010
Zu Beginn des Antwortbriefs wird der Nährboden für die folgenden
Abwiegeleien vorbereitet: Angeblich würden die Belastungen durch
Übungsflüge „auf das unvermeidbare Maß“ begrenzt. Das ist
die Kardinallüge, auf der alle folgenden Schutzbehauptungen
aufbauen. Weder die Übungsrunden um die Airbase mit den C-130 noch die
Übungen mit Kampfjets sind hier unvermeidbar. Es handelt sich um
eine reine Bequemlichkeitsmaßnahme für das Militär.
Die Zweite Nebelkerze ist die Erwähnung der
Lärmschutzkommissionen. Im
Fall der US-Airbase Ramstein ist sie wohlbesetzt mit willfährigen
Bürgermeistern und einem braven Menschen einer braven Bürgerinitiative.
Die Leitung der Airbase hat die Übungsrunden einfach zum Nicht-Thema erklärt,
und die Sitzungen beschränkten sich auf das brave Abnicken von
Fluganzahlen, die die Planzahlen nie erreichen. Wenn man weiß, dass die
Planzahlen fantasiemäßig hoch angesetzt wurden, weil man von Übungen mit
Kampfjets ausging statt von Versorgungsflügen von Transportern, wird das
Kasperletheater offenkundig.
Zu den Antworten des Verteidigungsministers haben wir folgendes
anzumerken:
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Kein Wort, dass die Übungsflüge bis in die Nacht vermeidbar sind. Kein
Wort davon, dass Reservisten aus den USA eingeflogen werden, um hier mit
den viermotorigen, extrem lauten C-130 ihre Sollstundenzahl
aufzufüllen zu Lasten der hier lebenden Menschen. Etwas leisere, nach
und nach schleppend eingeführte neue Triebwerke sind keine Lösung. Die
Übungsflüge haben hier nichts zu suchen.
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Die niedrige Anzahl der Beschwerden bei der FLIZ ist kein Indiz. Viele
Menschen kennen die Rufnummer nicht, trauen sich nicht anzurufen, haben
keine Lust, auf einen Anrufbeantworter zu sprechen, weil sie Informationen
wollen, geben nach wenigen Beschwerden resigniert auf oder beschweren
sich woanders. Je nach Lust des Soldaten am Telefon bekommt man eine
Antwort, wer gerade fliegt – oder auch nicht.
-
Die luftrechtliche Genehmigung und der Umgang mit den Klägern ist ein
Musterbeispiel dafür, wie die Justiz der Politik folgt. Mehrmaliges
nächtliches Gewecktwerden wurde von einem Filz von
„Gutachtern“ und willfähriger Richterin als ausreichende
Berücksichtigung des Rechts auf Lärmschutz ausgelegt. Letztlich hat sich
das Militär ungestört selbst genehmigt, was was haben wollte.
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Über diese Gefälligkeitsgutachten decken wir besser den Mantel des
Schweigens. Sie sind im Prinzip ein Aufruf zur Körperverletzung.
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Aktuelle Studien wie die von Prof. Greiser versucht die zivile und
militärische Fluglärmlobby zu zerreden und die Sache möglichst
auszusitzen.
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Für die fehlende Gefahren- und Risikoabschätzung will keiner zuständig
sein. Wollen wir wetten, dass „der Katastrophenschutz“ die
Verantwortung nicht übernehmen wird, wenn ein startender, voll betankter
US-Transporter über Kaiserslautern abstürzt? Wieso ein
Verteidigungsminister nicht zuständig sein soll für die Gefahren, die
von einem militärischen Flughafen ausgehen, will uns nicht so recht
einleuchten.
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Der Trick dabei ist, dass die „flugbetrieblichen Regelungen“
so weit gefasst sind, dass sie die Grundrechte der Menschen auf
körperliche Unversehrtheit ignorieren. OK, so einfach ist es nicht. Das
würde ein Verteidigungsminister niemals zugeben. Der wahre Trick darin
besteht zu behaupten, der krank machende Dauerlärm und die schleichende
Vergiftung der Region seinen ganz harmlos für Körper und Psyche der
Menschen. Damit fährt das Militär seit Jahrzehnten bequem und gut. Und
deshalb muss das Gutachten von Prof. Greiser zerredet und als nicht
anwendbar für die US-Airbase Ramstein hingestellt werden. Ansonsten
droht das Aus für die Airbase.